08.02.2022

"Diese Boots sind zu männlich für dich!"


Mein Kumpel mustert mich und die Dr. Martens, die ich gerade anprobiere, von seiner Sitzcouch im Schuhladen aus. 

-"Was soll das heißen?" Frage ich. 

"Die Stiefel sehen so groß und klobig aus. Ich finde nicht, dass sie zu dir passen."

-"Weil sie zu männlich sind?" Die Soziologin in mir will diesen Satz näher erklärt haben.

"Ja. Sowas kann ich mir eher an einem Typen vorstellen." Gesteht er.

-"Willst du mir sagen, dass Frauen keine Schuhe tragen können, weil sie deiner Meinung nach zu männlich sind? Was bedeutet denn Männlichkeit genau? Denkst du denn, dass Menschen nicht losgelöst von Geschlechternormen von ihrem Selbstbestimmungsrecht über ihren Körper gebrauch machen können? Das klingt nach Einschränkung der Würde... Das klingt nach Misog-" Er seufzt noch mitten in meinem Satz - das Wort Misogynie kann er schon lange nicht mehr hören.

"Gilda, trag was immer du schön findest!"

-"Das klingt schon besser."

Ich gehe zur Kasse und kaufe mir die Dr. Martens mit Plateauabsatz. 

Das Problem hinter scheinbar harmlosen Genderspezifischen Aussagen



Die Problematik

Nun kann man argumentieren, dass es nur eine harmlose Bemerkung zu schwarzen Winterstiefeln war. Groß, klobig, schwer und ähnliche Adjektive werden mit Männlichkeit assoziiert und deshalb sei diese Aussage gerechtfertigt, oder?

Nein. Ganz und gar nicht. 

Die Macht der Sprache

Sprache ist sehr Machtvoll. Worte verfangen sich in unseren Gedanken und verfestigen sich. Sie haben Einfluss auf unsere Persönlichkeit und verändern unsere Sichtweisen. Vor allem Mädchen und Jungen wird oft erklärt was Männlichkeit und Weiblichkeit bedeuten soll. Sie richten sich nach scheinbar allgemein gültigen Definitionen und verstellen sich. Es gibt jedoch keine allgemein gültige Erklärung für diese beiden Begriffe. Sie sind vor allem kulturell abhängig. 




Was soll Männlichkeit bedeuten?

Macht demonstrieren, Emotionen unterdrücken und körperlich stark sein? Sprüche wie "Jungs weinen nicht" oder "du rennst wie ein Mädchen" haben wir in unserer Kindheit oft genug gehört. Jungs weinen eben doch und das seitdem sie das Licht der Welt zum ersten Mal erblickt haben. Solange, bis ihnen verständlich gemacht wird, dass Männlichkeit und Tränen nicht gleichzeitig existieren können. Später dann fragen sich Frauen, wieso Ihre Partner nicht über Gefühle sprechen oder ihre Emotionen ausdrücken können. Sie nennen ihn Stein und erziehen - ohne es zu merken - ihre Söhne später genauso. 

Was soll Weiblichkeit bedeuten?

Immer hübsch sein, stets freundlichen lächeln und zärtlich sein? Sätze wie "Sie sind ja eine Hübsche" am Arbeitsplatz oder "wie handhaben Sie das mit der Familie neben dem Beruf?"  hört Frau dann genau wegen den vorher genannten Stereotypen über kulturell definierte Weiblichkeit. 

Darf man Frauen jetzt keine Komplimente mehr machen? Komplimente, die rein auf oberflächlichen Attributen basieren, gehören nicht an Arbeitsplatz oder an anderer Stelle, wo die Optik irrelevant ist. Diese reduzieren die Frau auf ihr Aussehen. Andererseits sind Komplimente wie "Sie sind sehr intelligent" oder "ihre Fähigkeiten sind ausgezeichnet für diesen Job" sehr willkommen. Auch die zweite Frage ist problematisch: Wieso wird diese Frage nur Frauen gestellt, während Männer sich nie damit auseinandersetzen müssen? 



Zärtlich sein = keine klobige Boots tragen

Wenn eine Frau also nicht zärtlich ist, ist sie nicht weiblich? Dies mag der Grund dafür sein, wieso mein Kumpel die schwarzen Dr. Martens Stiefel mit Plateau an mir nicht sehen wollte. Sie sind nämlich sehr groß, unten gezankt und aus dickem Material. Frauen können also keine klobige, schwere und große Schuhe/Kleidung tragen, da sie dadurch nicht mehr zärtlich erscheinen und nicht der Norm entsprechen? Wenn die Schuhe aber einen Pfennigabsatz haben, aus Lackleder sind und höllisch weh tun, hört man keine Einwende. Sexismus versteckt sich oft zwischen den Zeilen und wird nicht offensichtlich zutage gebracht.


Eine Mögliche Lösung zum Genderchaos

Was ist, wenn wir selbst entscheiden, was wir als männlich oder weiblich definieren? Oder besser noch - was ist wenn wir uns gar nicht mehr darum kümmern was diese beiden Begriffe bedeuten? Wäre es nicht besser, wenn wir tragen was uns gefällt, uns schminken wie wir wollen und uns verhalten wie wir wirklich sein wollen? Was passiert, wenn wir unseren wahren Charakter zeigen, (solange wir niemanden dadurch verletzen) und keine Angst haben, dass Menschen uns verurteilen? So treffen wir Gleichgesinnte und können uns entfalten. So fühlen wir keinen Stress mehr dazu zu gehören und erfundenen Normen zu entsprechen. So können wir glücklicher werden.


Sag Tschüss zu Geschlechternormen

Nun argumentieren einige, dass die (westliche-) Welt doch schon längst Geschlechtsneutral geworden ist:

- Babies tragen nicht mehr nur pinkt oder blau
- Frauen machen Männerjobs
- Männer bleiben zu Hause und kümmern sich um den Haushalt
- Bruce Jenner ist zu Caitlyn Jenner geworden und wurde 2015 zur Frau des Jahres ernannt

und viele weitere Beispiele. 

Trotzdem höre ich von einem 29-jährigen (junge Generation), dass ich bestimmte Dinge als  Frau nicht tragen kann. Ich höre auch: "leider haben wir die Stelle schon besetzt, aber mit Ihrem Aussehen werden Sie sicherlich keine Probleme haben eine Arbeitsstelle zu finden." und von einem jungen Mann, der unbedingt auf den Mount Everest will: "Du kannst nicht auf den Everest, das ist zu gefährlich für dich!" - Ach, für mich ist der Mount Everest zu gefährlich aber für ihn nicht? Ich frage näher nach, als Grund wird genannt "Ich bin doch ein Mann". Ah, jetzt habe ich den Unterschied verstanden... nicht. Alltagssexismus ist präsent und Realität. 

Ein Ozean voller Informationen


Zu Geschlecht und Gesellschaft gibt es unendlich viel zu sagen, das beweisen all die wissenschaftlichen Arbeiten und Studien zu diesem Thema. Dieser Beitrag greift einen Bruchteil dessen auf, um auf das noch aktuelle Problem des Sexismus einzugehen. Gerne lese ich mir auch eure alltäglichen Erfahrungen mit Sexismus durch.


Anyways. Ich wollte ein Grunge Outfit stylen und habe mich dafür ganz klassisch für schwarz und weiß entschieden. Der orangene MCM Rucksack soll als Accessoire etwas Farbe miteinfließen lassen. Die große und dunkle Moschino Sonnenbrille, schwarzer Lippenstift von Colourpop und ein silberner Choker von Iam bilden die Details dieses Outfits. Die Lederhose von Zara passt sehr gut zu den Dr. Martens Stiefeln, obwohl die Hose aus mattem Leder ist und die Schuhe aus glänzendem Leder sind. Eine dunkle Brücke und Asphalt bilden dann die perfekte Location für diese Grunge Atmosphäre.

Achja, die Haare habe ich nicht geschnitten. Das ist nur eine Perücke. ♡


Welchen Sexistischen Spruch habt ihr in letzter Zeit gehört? Lasst es mich in den Kommentaren wissen!


1 yorum:

  1. love this edgy look! i have similar boots, love how you styled it. and your makeup goes perfectly with the outfit.


    http://ami-amour.com/

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